Franz Grasser: Mit Schiff und Farbfilm um die Welt

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Franz Grasser: Mit Schiff und Farbfilm um die Welt. Fotografien 1937 bis 1939
archiv der fotografen, Band 2
Herausgegeben von Jens Bove
Verlag der Kunst Dresden 2018
Gebunden mit Schutzumschlag, 208 Seiten, 24 x 27 cm
ISBN 978-3-86530-246-5
34,95 €

Agfacolor-Neu! – Bilder von »außerordentlicher Reinheit und Leuchtkraft der Farben,« so die zeitgenössische Werbung. Dieser Band versammelt erstmals die faszinierenden Aufnahmen Franz Grassers (1911 – 1944) aus der Frühzeit der Farbfotografie. Als Bordfotograf begleitete er die Kreuzfahrt-Passagiere der HAPAG und der Hamburg-Süd rund um die Welt. Seine zwischen 1937 und 1939 entstandenen Fotos zeigen – uns durch ihre Farbigkeit überraschend nah erscheinende – Impressionen des mondänen Bordlebens der Reichen und Schönen, ausgelassenen Badespaß im bordeigenen Schwimmbad, entspannte Mußestunden auf dem Oberdeck, modebewusste Sonnenanbeter auf dem Promenadendeck oder einen Flirt an der Reling. Und immer wieder sind die luxuriösen Schiffe selbst im Bild, die CAP ARCONA, die MILWAUKEE, die PATRIA oder die RELIANCE.

Grassers Interesse galt jedoch nicht nur den Vergnügungsreisenden, auch die besuchten Länder, ihre Landschaften und Architekturen beginnt er schon kurz nach der Markteinführung der ersten Dreischichten-Diafilme in Agfacolor und Kodachrome zu fotografieren. Vor allem aber zeugen diese seltenen Aufnahmen von seiner ausgeprägten Neugier auf die so unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Menschen, die er in ihrem sozialen Umfeld zeigt, aber auch in eindrucksvollen Porträts, etwa eines Mönches auf Patmos, eines Zeitungsverkäufers in Ägypten, eines Kautschuk-Arbeiters in Südostasien oder von Kindern in Tripolis. Besonders reizvoll ist der Kontrast zwischen schwimmenden Dörfern in der Karibik oder den Tempeln von Borobudur einerseits und dem hektischen Großstadtverkehr auf der New Yorker 5th Avenue oder dem lebhaften Treiben am Bondi Beach in Sydney andererseits. Mindestens ebenso bemerkenswert sind auch jene Szenen, in denen ein unmittelbares Neben- und Miteinander verschiedener Kulturen und sozialer Schichten im urbanen Raum der Anlaufhäfen sichtbar wird.

Die zeitgenössische Kritik lobt Grassers Fotografien als einmalig »in ihrer technischen Vollkommenheit, Pracht und Schönheit,« beschreibt sie als »eine Symphonie von Farbe, Licht und Landschaft« (Badische Zeitung). Tatsächlich scheinen diese brillanten Fotografien von eleganten Luxusreisen mit ihrem weltläufigen, internationalen Publikum dem ideologisierten deutschen Massentourismus jener Dekade denkbar weit entfernt. Sie künden von Modernität, einem Aufbruch in eine neue Zeit, von einer mehr als trügerischen Aufbruchstimmung allerdings. Aus heutiger Sicht erscheint uns diese Zeit trotz aller Farbenpracht als düster und grau, feldgrau bereits. Das bunte Bordleben wird zu einem Tanz auf dem Vulkan, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

Das Buch ist der zweite Band der Reihe archiv der fotografen, mit der die Deutsche Fotothek prägende Positionen deutscher Fotografie präsentiert.